Sonntag, 21. Juni 2009

Foltervorwürfe gegen Walter Bower: Betroffener liefert erschütternden Bericht




Walter Bower war Innenminister der Regierung von González Macchi (1999-2003), wie der Komissar Alfredo Cáceres, einer seiner Opfer berichtete. Er wurde im Beisein von dem Kommandanten der Marine Miguel Angel Candia im Marinehauptquartier am 21. Mai 2000 brutal
gefoltert. Cáceres berichtet in den folgenden Zeilen von seiner schmerzhaften Erfahrung und identifiziert alle seine Peiniger. Wie er sagt, wartet er nur auf die öffentliche Anhörung im Gericht, die durch juristische Schikanen des mächtigen Ex-Ministers erneut auf August vertagt
wurde. "Das einzige, was ich verlange ist, dass er nicht entkommt", sagte Cáceres. Nachfolgend das Interview mit einem Reporter der Zeitung ABC Color.
x - Warum hat man sie in diesen angeblichen Putsch im Mai 2000 verwickelt, der mit ihrer Folter endete?
x - Wie ich ihnen schon zu anderer Gelegenheit berichtete, hat man mich durch den Kommandanten ins Polizeihauptamt (Central de Policia) rufen lassen, wo ich mich präsentieren sollte. Ich hatte meinen Dienst an diesem Tag beendet und war auf dem Heimweg. Dann
geschahen folgende Dinge. Panzer fuhren im Zentrum auf. Im Polizeihauptamt war kein Vorgesetzter zugegen. Ich konnte niemanden auffinden, und da habe ich als Dienstältester laut Vorschrift gehandelt. Diese besagt, dass bei Chefs, Gruppenleiter usw. der Dienstälteste das Kommando übernimmt, mit denselben Rechten eines Kommandanten, was ich dann unwissend tat. Es war niemand anders zugegen. Im Morgengrauen des 19. Mail 2000 haben sie mich dann in das Marinehauptquartier gebracht.
x - Dort, wo der Maior Reinaldo Servín inhaftiert ist?
x - Ja, genau dort. Zuerst haben sie mich in ein Büro gebracht, wo sich Präsident González Macchi befand. Dort waren auch Senator Juan Carlos Galaverna und Justizminister Silvio Ferreira. Der Präsident hat mir einige Fragen gestellt. Dann kam Walter Bower. Dann haben sie mich in ein anderes Büro gebracht, nachdem sie alles aus dem Raum entfernt hatten. Ich war dort wie ein Hund gefangen, ohne Bett, kein Fenster, ohne Nichts für 3 Tage: Freitag, Samstag und Sonntag.x - Wann hat man sie gefoltert?

x - Ab dem Sonntagabend, den 21.Mai. Ein Marineoffizier öffnete die Tür und sagte zu mir: "Da kommen die von der Polizeijustiz für eine Aussage". Ich fragte ihn auf Guarani: "Um diese Zeit?" Ich vermutete schon das Schlimmste. Hinter ihm kam eine weitere Person in Zivilkleidung herein, ein grosser dunkelhäutiger Mann von etwa 25 oder 26 Jahren. Der sagte auf Guarani barsch zu mir: "Dreh dich um. Gegen die Wand". Ich fragte ihn, warum. "Umdrehen, hab ich gesagt", schrie er. Er stiess mich gegen die Wand. Sofort gab er mir einen heftigen Schlag, mit beiden geöffneten Handflächen auf die Ohrmuscheln. Das war ganz überraschend, ich hatte es nicht erwartet. Sofort
war ich ganz benommen. In meinen Ohren war ein starkes Pfeifen. Das war wie eine Explosion. Da hat er mir die Hände mit einem Seil hinten auf dem Rücken zusammengebunden und die Augen mit einem Klebeband verbunden. Dann führte er mich aus dem Raum. Er brachte mich in ein anderes Zimmer. Er befahl mir, mich hinzuknien. Dann riss er meine zusammengebundenen Arme mit Gewalt nach oben. Das hat mir einen ungeheuerlichen Schmerz bereitet. Er setzte sich auf meinen Rücken und riss erneut meine Arme nach oben. Dann schlug er wieder auf meine Ohren. Dabei wird einem total schwindelig, man ist hilflos. Dann hat eine andere Person erneut meine Arme mit Hebelwirklung nach vorne gerissen. Der Schmerz, der das verursacht, ist unerträglich. Ich schrie und flehte, dass man aufhöre. "Bitte, hören Sie auf"! flehte ich sie an. "Sei ruhig. Du wirst schon alles singen, was du weisst"! schrie er. Er fragte, "wer hat das finanziert?"
Ich sagte ihm, man habe mich lediglich ins Polizeihauptamt bestellt. "Wer hat das finanziert, Carajo!", schrie er und versetzte mir einen Tritt. Wieder auf dem Boden, setzte er sich erneut auf meinen Rücken und bog mir die Arme nach vorne. Ich schrie wie am Spiess. Durch die Fragen, die sie mir stellten, merkte ich, dass im selben Zimmer auch der Polizeioffizier Jorge López misshandelt wurde. Sie wollten von mir eine Aufzählung. Bei jeder Weigerung verbogen sie mir erneut die Arme.

x - Wen konnten Sie dort identifizieren?

x - Ich selbst konnte die Stimme des Komissars Basilio Pavón von dem Komissariat 11 identifizieren, der mir Fragen stellte. Er fragte mich nach Telefonnummern. Wenn ich nicht antwortete oder etwas falsches sagte, bogen sie erneut meine Arme nach oben, was so
furchtbaren Schmerz verursacht. Das musste ich für 3 Stunden aushalten.

x - War der Marinekommandant diese Nacht dabei?

x - Ja, das war er. Miguel Angel Candia, ein Feigling, verantwortungslos. Der müsste auch in Haft sein, weil er diese Folter unterstützt hat. Ausserdem war noch der Fregattenkapitän Juan Alberto Benítez Benítez anwesend, zu der Zeit Kommandeur der Marineinfanterie. Walter Bower war an der Tür, wie mir der Offizier López sagte. Ich erkannte die Stimme von Bower, als er sagte "Ok, das ist genug". Ich merkte, dass zahlreiche Leute den Raum verliessen.
x - Leute, die diese Vorführung genossen?

x - Als sie mich aufstellten und rausführten, konnte ich durch einen Spalt zwischen Augen und Nase Basilio Pavón neben Bower sehen. Sie haben mich so misshandelt, dass auch das Klebeband auf meinen Augen etwas verrutscht war. Dann hat eine Person ein Geräusch mit zwei Kabeln gemacht, dass sich anhörte wie ein Kurzschluss durch zwei offenliegende Kabel. "Er hat einen festen Hintern", sagte jemand. Dann hat mir jemand den Hosenschlitz aufgemacht. Ich dachte in Panik: Jetzt werden sie dich vergewaltigen. Ich setzte mich vor Angst auf den Boden. Dann hörte ich erneut die Stimme von Bower: "Drück ihm die Hoden zusammen". Sie quetschten sie für ein bis zwei Minuten. Ich schrie vor entsetzlicher Qual. Sie zogen mich hoch und schliffen mich zurück zu meinem Haftzimmer. "Wir kommen wieder", drohten sie.

x - Wie spät war es da?

x - So ungefähr halb ein Uhr nachts. Am nächsten Tag kam ein Arzt, Antonio Gómez, der mir das Medikament "Flogiatrín B3, B12 brachte, um es alle 8 Stunden einzunehmen. Er sagte, ich sei überall verletzt. Am 25. Mai haben sie mich in die sogenannte Agrupación Especializada gebracht, nachdem ich vor der Corte Suprema vorsprechen musste, wo ich die Folter denunzierte. Der Gerichtshof hat erst am 26. angeordnet, mich in die Agrupación Especializada zu bringen. Sie waren schon einen Tag vorher gekommen. Ich musste meine Verlegung unterschreiben, aber unter unsere Unterschrift war die Anmerkung angebracht, dass wie dem Direktor für Polizeijustiz, Franco Ferreira, übergeben wurden, ohne Anzeichen von körperlicher oder seelischer Misshandlung. Das hat ein Arzt mit unterzeichnet.

x - Es ist immer ein Arzt zugegen, der die Folterspuren untersucht...

x- Sie haben unter unsere Unterschrift geschrieben, was sie wollten.

x- Das muss eine Person aus der Umgebung der Verteidigung von Bower und Candia gewesen sein

.x - Und von Alberto Benítez Benítez, der mitverantwortlich ist für das, was geschehen ist. In dem Schriftstück hiess es "die unten unterzeichnenden" und wir, die Misshandelten, haben oben unterschrieben. Aber Lügen haben kurze Beine.

x - Hat sie irgendeine Menschenrechtsorganisation besucht? Denn zu dieser Zeit haben ja alle González Macchi unterstützt...

x - Niemand, ausser einem Repräsentanten des Internationalen Roten Kreuzes. Das war Gerald Peitinet, regionaler Vertreter. Dieser sagte mir, er habe mit dem Wirtschaftsgesandten der US-Botschaft gesprochen.

x - McFarland...

x - Sicherlich war es der. Er sagte, dieser habe berichtet, dass in der Nacht des 18. Mai das FBI die Situation gerettet habe, weil sie diese Krise gut gemanagt haben..

.x - Hat er das über sie gesagt?"

x - Ja, weil ich vom FBI trainiert worden bin

.x - Wer war noch unter ihren Peinigern?

x - Walter Bower, Basilio Pavón, Merardo Palacios, Osvaldo Vera. In den Stunden der Folter waren auch noch Vizeminister Gabriel Chase, Kommissar Víctor Agüero, Carlos Giménez von der Artillerie und ein weiterer Polizist namens Giménez dabei.

x - Wurden noch mehr Leute gefoltert?

x - Natürlich. Ein Offizier Jorge López, der von dem Komissariat 11 zur Marine gebracht wurde.
x - Hat Bower auch im Komissariat 11 foltern lassen?

x - Dort hat man den Komissar Emilio López gefoltert. Der Unteroffizier Escurra wurde verschont.
x - Haben sie ihn nicht misshandelt?

x - Nein, ihn nicht. Man hat den Offizier Jorge López, den Unteroffizier Fabián Ojeda, Rafael Sosa mit Rissen in der Fusssohle, Ricardo Báez, Unteroffizier Lorenzo Genes, Unteroffizier Reinaldo Insfrán und Komissar Emilio López Villarlba misshandelt. Dieser wurde wirklich grausam behandelt, ebenso wie Unteroffizier Próspero Arévalo Ayala, Hauptkomissar Wilson Ojedo. Ein Komissar namens Miguel Angel Figueredo konnte sich auch retten.

x - Das war ja eine richtige Jagd...

x - Ausserdem wurden auch noch 3 Zivilpersonen aus Paraguarí gefoltert: Ramón González, Präsident der Seccional Colorada von Paraguari; Gustavo López, Mitglied des Gemeinderates und Saúl Franco. Die Folterstunden im Komissariat 11 wurden von Pavón, Palacios und Vera vorgenommen.

x - Gibt es jemanden aus dem Umkreis von Bower, der das zugibt?

x - Wir haben Zeugen unter ihnen, die sagen, die Hochrangigen hätten gegrinst, und es genossen, als wir Qualen litten.

x - Warum ist niemand in Haft?

x - Ich hätte nie gedacht, dass wir überhaupt so weit an diesem Punkt ankommen, denn diese Leute sind sehr mächtig und haben alles Geld der Welt zur Verfügung, um die Justiz umzudrehen. Aber ich bin beruhigt. Ein Richter hat schon angekündigt, dass das Delikt Folter niemals verjährt.
Früher oder später wird die Justiz über ihren Köpfen zuschlagen. Das einzige war ich verlange ist, dass Bower nicht entkommt, wenn er sich umzingelt fühlt.

x - Einer der sichersten Beweise ist das Heft aus der Marine, dass man uns zugeschmuggelt hat und das wir schon in der ABC veröffentlicht haben.

x- Genau. Darin stehen alle Namen der Personen, die in der Nacht des 21. Mai 2000 in die Marine kamen. Da steht auch die genaue Uhrzeit dabei.

x - Was denken sie, wer könnte uns dieses Heft zugespielt haben?

x - Ich glaube, dass es die dortigen Marineoffiziere waren, die ihre Abscheu vor den Dingen, die man mit uns machte, nicht verbergen konnten, und keine andere Möglichkeit sahen, diese Ungerechtigkeit in die Welt zu bringen, als das Heft der ABC zu übergeben. Denn sie
wussten, dass die ABC keine Furcht hat, so etwas zu veröffentlichen. Ein Offizier der Marine hat Ehrgefühl, das schwer verletzt worden ist...

Link zum Originalartikel der ABC:

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